Start der Page am 01.09.2002

Tag 2:

Nach dem Frühstück auf dem Watzmannhaus steige ich pünktlich um 07.00 Uhr zum Hocheck auf. Alle meine bisherigen Versuche zwischen 1995 und 2000 die so genannte Watzmannüberschreitung im Spätherbst bzw. im Winter durchzuführen waren letztlich gescheitert. Heute scheint bereits morgens die Sonne und der Tag ist vielversprechend. Vier Stunden später erreiche ich die Mittelspitze auf 2713m Meereshöhe. Der Himmel ist wolkenlos und für sommerliche Verhältnisse herrscht eine ausgezeichnete Fernsicht. Weiter geht es zur Südspitze, diese erreiche ich um 13.00 Uhr. Bereits unterwegs treffe ich den Heribert, der mir zwecks Videografie seine Kamera anvertraut. Oben auf dem Grat ist es so herrlich schön, dass es niemand eilig hat. Ich sitze bereit 30min unterhalb der Südspitze auf einem ebenen Felsblock und genieße die Aussicht hinunter nach St. Bartholomäe und den Blick auf den oberen Wandteil der Ostwand. Vor mir erreichten ca. 10 andere Bergsteiger die Südspitze. Der Königssee schimmert blau herauf und die Sonne erwärmt den 2712 Meter hohen Gipfel auf angenehme Temperaturen. Es nutzt nichts, gegen 14.00 Uhr breche ich zusammen mit fünf weiteren Bergsteigern zum Abstieg durch das Schönfeldschneid hinunter ins Wimbachgries auf. Der Steig ist nicht ganz ohne - schnell erkenne ich, dass es nicht unbedingt zum Nachteil war, dass meine letzte Wintertour bereits an der Mittelspitze ihr Ende fand. Der Schönfeldschneid ist steinschlaggefährdet, es geht steil bergab und bisweilen ist der Einsatz meiner Hände gefragt. Von der Südspitze bis zur Wimbachgrieshütte sich wir sechs Bergsteiger über vier Stunden unterwegs. Unter anderem wegen der Steinschlaggefahr wollen wir uns nicht trennen, und so müssen wir an schwierigen Stellen immer auf einander warten. Wo nicht geklettert werden muss geht es durch Geröll- und Schuttfelder, der Höhenunterschied von über 1300 Höhenmetern bis zur Hütte hinterlässt seine Spuren, zudem gehen uns in der Sechsergruppe die Getränke aus. Erst kurz vor dem Erreichen des Gries tritt eine Quelle aus der Felswand, welche köstlich frisches Trinkwasser liefert. Wer diesen Steig von unten gehen möchte, benötigt Trittsicherheit, alpine Erfahrung, gute Kondition und einen nicht zu knapp bemessenen Getränkevorrat. Gegen 19.00 Uhr erreicht meine neue Tourengruppe die Wimbachgrieshütte und die Maß läuft jetzt von selbst.
Mit vielen Pausen hatte ich einen wunderschönen Tag mit weiteren Bergsteigern auf dem Watzmann verbracht. 12 Stunden haben wir im Durchschnitt zwischen Watzmannhaus und Wimbachgrieshütte benötigt. Sollte das Wetter einmal schnell umschlagen oder schlecht sein, kann ich mir nicht vorstellen, dass ich diese Strecke unter neun Stunden Gehzeit
bewältigen könnte. Also, wer vom schlechten Wetter auf der Überschreitung erwischt wird, hat ernsthaft ein Problem. Ein Notabstieg vom Grat nach recht oder links ist nicht möglich, allerdings steht am Hocheck eine Nothütte ohne richtige Fensterläden und Tür. Eine Klettersteigausrüstung ist aus meiner Sicht nicht notwendig, wem diese Sicherheit vermittelt, na ja, der soll sie nutzen. Keine Fehlinvestition bei der gesamten Überschreitung und dem Abstieg hinunter durch das Schönfeldschneid wäre der Helm - der gehört rein ins Gepäck!


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